Oberland
Roman, 2004. Überarbeitete Neuausgabe 2018 |
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Rohfassung: 1068 Seiten handschriftliches Manuskript.
Die Buch-Erstausgabe erschien im Februar 2004 bei der Frankfurter Verlagsanstalt, Hardcover mit Schutzumschlag von Bertsch & Holst, 506 Seiten, ISBN 3-627-00104-4.
Die komplett 'durchgeputzte' Neuausgabe als E-Book erschien im Dezember 2018 bei forsamin, Berlin, ca. 482 Seiten, ISBN 978-3-945143-12-4 (epub) und
978-3-945143-13-1 (mobi, erhältlich bei Amazon).
Oberland befand sich seit Sommer 1990 in Planung und Bau, wobei Jens Behses Monolog im dritten Teil (das Kapitel "An welche Leben die Masse glaubt") älter ist und wesentlich vom Februar 1989 stammt.
Der Roman wurde gefördert mit einem Stipendium des Deutschen Literaturfonds
e.V., einem Aufenthaltsstipendium der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen
sowie einem Arbeitsstipendium des Landes NRW.
Ausgezeichnet wurde er mit dem Kulturförderpreis des Kreises Pinneberg
(2003) und mit dem New-York-Stipendium des Deutschen Literaturfonds
(2007).
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▲ Cover Oberland, eBook-Neuausgabe 2018
▲ Cover Oberland Erstausgabe 2004
▲ Manuskriptseite aus Oberland
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Oberland - Inhalt
Jens Behse ist tot und schaut auf sein Leben herab.
Mit zweiundzwanzig Jahren hat er sich nach gezieltem Jenseitstraining
umgebracht und begleitet jetzt seine bisherige Existenz aus einer Geisterperspektive
von "oben" noch einmal. Eine verdoppelte Zeitreise beginnt.
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Teil eins: Nordsee & Helgoland, Oktober 1973
Behses Eltern haben für die Herbstferien 1973 (ihr einziges Kind wurde
gerade eingeschult) einen Urlaub auf dem Helgoländer Oberland gebucht.
Während der stürmischen Überfahrt zur Insel reißt sich
der Fünfjährige trotz Lebensgefahr los, um das Wetter draußen
zu sehen. Beinahe wird der Junge in die Nordsee gerissen und hätte
somit sein Leben vor der Zeit beendet, aber die vier rätselhaften
Gestalten, die ihn auf dem Vorderdeck der Fähre retten, verhindern
das. Sie begleiten sein weiteres Leben und tauchen im zweiten Teil in
anderen Verkörperungen wieder auf: die vogelhaften Zwillinge als
Papageienpaar und in bildlichen Doppelungen, die Wikingergestalt als
Vorgesetzter des Vaters oder als Schulsprecher, und die Frau gleicht
der von Behses Mutter vergötterten Sängerin Alexandra.
Das herbstliche Helgoländer Felsenplateau, das Oberland, erscheint
als rauer Ort. Das bewirken u. a. die Geschichten über den Piraten
Klaus Störtebeker (1400), die Bombardierung und Sprengung der Inselfestung
1941-47 und schließlich die abendlichen Erzählungen der Pensionswirtin
Frau Kerber von der Kriegszeit und ihrem verstorbenen Sohn, den Jens
leibhaftig auf der Fähre angetroffen hatte. Im Bett stellt der
traumatisierte Junge seinen Eltern die Frage, ob er selbst etwa auch
tot sei, wenn Kerbers Sohn gestorben ist, und wo denn die Sterbenden
hinkämen. Er erlebt, vor allem seitens seines politisierten Vaters,
Hilflosigkeit. Die hinzutretende Frau Kerber spricht desillusionierend
und tröstet gerade dadurch. |
▲ Die Nordspitze der Insel, Nathurn Stak, 'Lange Anna' genannt. Auf der Anhöhe rechts daneben sind die Reste der alten Aussichtsplattform zu sehen.
▲ Nachempfundene Statue von Klaus Störtebeker (ca. 1360-1401) in der Hamburger Hafencity
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Teil zwei: Pinneberg bei Hamburg, Dezember 1981 bis September 1982
Acht Jahre werden übersprungen. Behse
begegnet sich, Jens, endlich 'planmäßig' im Heimatort wieder,
in der Kleinstadt Pinneberg bei Hamburg. Jens, 14, dürr, 1,91 groß,
einsam, beschäftigt sich nur noch mit dem Thema Tod. Seine Eltern
kommen nicht an ihn heran. Jens kompostiert heimlich eigene Körperabfälle,
besucht seine besten (weil toten) Freunde auf dem Friedhof, sein Denken
kreist ums Morbide, um Selbstmordphantasien, Schwarze Löcher, die drohende Atomkriegsgefahr. Er lässt sich in der Silvesternacht
1981 vom Balkongeländer im siebten Stock seines Hochhauses hängen,
sucht die Todesnähe. Obwohl er ein gestörter Außenseiter
ist, wird er als Liebesbriefträger für seine Gleichaltrigen
unentbehrlich.
Behse sieht in der Eingangsszene in der Schulklasse die weiteren Hauptfiguren
wieder: vor allem Sören, ein Mathegenie, der von den vier Gestalten
als Botschafter und Gehilfe (Medium) genutzt wird, und Sven, einen Wehrmachts-begeisterten
Sunny Boy mit gewaltigen versteckten Selbstzweifeln (farbenblind). Schließlich
trifft Jens seine spätere Geliebte Stefanie (Steff), ein großes,
korpulentes 16-jähriges Mädchen, manisch-depressiv, die sich
von älteren Liebhabern aushalten lässt. Den pubertierenden
Jungs in der Klasse verschafft sie die ersten Sexerlebnisse und tyrannisiert
diese damit. Sven wird, vermittelt durch Steff, Jens' Freund.
Steff nähert sich Jens an, vor allem, weil es sie irritiert, dass
er keine sexuellen Regungen zeigt. Wie auch Jens hasst sie ihr Leben,
zwischen ihnen entsteht eine platonische Liebe, Steff wird bis zu einem
gewissen Grad Jens' korrigierender Gegenpol. Er beginnt nun selbst
Angst zu verbreiten. Mit dem künstlichen Freund Sven diskutiert
er Jenseitsvorstellungen, beide spekulieren und spielen immer offener
damit, dass sie sich selbst eines Tages als Geister von "da oben"
wahrnehmen und ihr jetziges Leben wiedersehen werden. Sie scharen eine
Clique um sich und organisieren eine Geisterbeschwörung mit Schülern
und zwei Lehrern im Ladengeschäft von Svens Vater.
Nach einer Intrige fürchtet Steff die Enthüllung des Geheimnisses
ihrer Herkunft (eine Helgoländer Inzestgeschichte), sie stürzt
sich von Jens' Versuchsbalkon, und zwar gezielt so, dass Jens in seiner
Verzweiflung nur zwei Stunden darauf den Hauptverantwortlichen, Sven,
auf dem Friedhof in der Grube, die er eigentlich für sich selbst
bestimmt hatte, umbringt. Jens´ Verzweiflung über Steffs
Tod und seine Mordtat lösen seinen nächsten großen Lebens-Sprung
aus. Während der Séance hatte der Mathecrack Sören
die exakte Zeitspanne errechnet bzw. "erhalten". |
▲ Pinneberg bei Hamburg
▲ Alexandra (1942-1969): Plattencover ihres wichtigsten Samplers Stimme der Sehnsucht
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Teil drei: Hamburg, Dezember 1989
Sieben Jahre später schaltet sich Behse wieder
ein. In einem Hamburger Krankenhaus leistet er die letzten Tage seines
Zivildienstes ab. Jetzt redet er direkt "mit" Behse, mit seinem
künftig toten Ich, denn er weiß, dass Besuchszeit ist. Er
hat nur noch auf Behses Anwesenheit gewartet, um mit der Erzählstimme
nahezu zu verschmelzen.
Er begleitet die Krebspatientinnen auf der Station, darunter auch die
todkranke Pensionswirtin Frau Kerber, jetzt 82, die er jedoch (im Gegensatz
zum Leser) nicht wiedererkennt. Hier kommen die Sterbenden hin. Sechzehn
Jahre später hält nun Jens am Bett Frau Kerbers Hand. Da sie
ihn erkannt hat, kann sie ihm mit ihrer letzten Handlung gezielt den
Zusammenhang zwischen Teil eins, zwei und drei seines Lebens enthüllen.
Steffs Oma stirbt vor seinen Augen. Jens gibt auf. Er inszeniert seinen
längst geplanten Selbstmord, bringt sich mitten in Hamburg dort
um, wo er Steff auf ihrem einzigen Foto gesehen hatte: vor dem Weltkriegsdenkmal
am Rathausmarkt, über dem Wasser des Alsterfleets. |
▲ Weltkriegsdenkmal, Relief nach Ernst Barlach, Hamburger Rathausmarkt
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Das Cover der Erstausgabe stammt von Bertsch & Holst.
Dem oberen Streifen liegt die berühmte Schwarzweiß-Aufnahme
des großen Helgoland-Fotografen Franz
Schensky zugrunde, "Helgoland bei schwerer See", von 1912. |
▲ Franz
Schensky: Helgoland bei schwerer See, 1912
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Eine Grafik der (versuchten) Séance aus Teil zwei. Vergrößern
durch Anklicken.
Ein Interview zu Oberland vom März 2004
steht unter: sandammeer.at. |
▲ Grafik der Séance aus Oberland
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Für die norddeutsche
Blindenhörbücherei (Buchnummer 8083 vom Januar 2006)
hat Volker Lohmann mit 1240 Minuten Oberland komplett
eingelesen, verteilt auf 30 CDs.
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2007 hat die New Yorker Übersetzerin Margot Bettauer Dembo im Auftrag des Deutschen Hauses in Manhattan einen Abschnitt aus dem 6. Kapitel des zweiten Teils übersetzt: "the uplands".
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Teil EINS
- Wann gab es dieses Schiff
- Nur ein Regiefehler
- Beim ersten Mal die Treppe
- Wir sind Wissenschaftler
- Strandgut ist ein Heidenspaß
- So kommt unsereins wieder
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▲ Helgoland, Klippenzug der Westküste
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Teil ZWEI
- Geht's euch gut, Jungs
- Vermehrung des Schädel-Kabinetts
- Remember, Liebling, diesen goldenen Tag
- Ob ich glaubwürdig bin
- Bringt mir den Gruß der Heimat
- Man lebt immer scheiße genug
- Ich schwöre mich
- Ihr könnt euch doch gar nicht wehren
- Das Vielleicht ist der wichtigste Kreis
- Wo Wikinger auf starke Steine pochten
- Panzerschrank aus Diamant
- Halt die Klappe
- Johlen und pfeifen
- Ruhende Mitglieder unserer Runde
- Ihr seid wohl ganz versessen
- Nimm Sven
- Halt ich die Klappe
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▲ Texas Instruments TI-30 - ein Schul-Taschenrechner Anfang der 80er Jahre
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Teil DREI
- Unter der viel zu weiten Kapuze
- Auf meiner Fahrt in die Klinik
- Werd fertig mit unserer Geschichte
- Neuzugang mitten in der Nacht
- Trotz aller Berechnungen
- Ich spür dich!
- Das ovale Gedächtnisloch
- Nichts sollte sich verändern
- So löscht mich jeder
- Traumpfade
- Weiter in die Nordsee
- Phase der Auflehnung
- Einfach irgendeine Existenz
- Die beobachtet uns professionell
- Sichern sich die besten Plätze
- Wurde deutlich milder zum Ende hin
- Alles habe ich verstaut
- Das ahnungslose Substrat
- Söhne / der Stadt / ließen / ihr Leben
- Ein schöner Vorführeffekt
- Auch rückwirkend nicht gesehen
- Ngaa
- Macht mich nur bedrohlicher
- An welche Leben die Masse glaubt
- Bei meinem ersten Schuss
- Wer sie wo war und ob
- Mit der letzten Patrone
- Ist es Ihnen eigen genug?
- Hey, verstummter Kamerad
- Ich werd brav sein
- Das alte gläserne Ding
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▲ Weltkriegsdenkmal, Hamburg, Rathausmarkt
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